Vom medialen Negativ-Hype um vegetarisch/vegane Ersatzprodukte


Zusatzstoffe, Emulgatoren, Stabilisatoren, Palmöl, zu viel Salz und vor allen Dingen Soja aus Monokulturen – alles Punkte, die gerne mal von den Medien auseinander genommen und auf den Prüfstand gestellt werden. Denn fleisch- oder tierproduktlos bedeutet ja nicht unbedingt gesünder, nicht wahr?
Um ehrlich zu sein finde ich diesen Hype um die Kritik an vegetarisch/veganen Fleisch- und Wurstalternstiven immer wieder  faszinierend.

So gab es wieder einen Artikel zu dem Thema. Zu lesen hier.

Vegetarische sowie vegane Ersatzprodukte zählen primär unter die Kategorie der Ferigprodukte. Die Frage ob ein vermehrter Verzehr solcher Produkte jetzt gesund ist, ist wie wenn man sich die Frage stellt ob tägliches Essen bei McDonalds gesund sei. (Dazu gab es auch mal eine interessante Doku namens „Sipersize me“. Der Protagonist, der sich jeden Tag mit Supersize-Mnüs von McDonalds versorgte, startete mit optimalen Blutwerten sowie mit einem Gewicht im Normalbereich. Nach dem Experiment hatte er gut 12 Kilo zugenommen und auch seine Blutwerte gaben Grund zur Sorge.)

Eines haben diese ganzen Artikel immer wieder gemein: Sie alle setzen ihr Augenmerk auf die Verwendung von Zusatzstoffen…

Schon mal auf die Verpackungen von Mischkostfertogprodukten geschaut? Auf die Zutatenliste von Chips und Co.?

Als Veganer studiere ich heute Zutatenlisten wohl mehr als die meisten anderen. Schließlich möchte ich nicht Gefahr laufen auf versteckte Tierprodukte zu stoßen. Von daher sind mir die ganzen Zusatzstoffe in diversen Nahrungsmitteln heute wesentlich vertrauter als früher zu Allesesserzeiten. Und eines kann ich da sagen: Die Zusatzstoffe in vegan/vegetarischen Ersatzprodukten sind dieselben wie in sonstigen Fertigprodukten.

Wem die Aufzählung unzähliger Zusatzstoffe in fleischlosen Ersatzprodukten also einen kalten Schauer über den Rücken jagen lässt, der sollte mal einen genaueren Blick auf die ganzen anderen Artikel werfen, die sonst so im Einkaufswagen landen.

Weiter ginge es dann mit Salz. Denn das ist auch so eine Sache.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) rät nicht mehr als einen Teelöffel jodiertes Salz pro Tag zu konsumieren. Nur sind heutzutage so gut wie alle Ferigprodukte mit mehr Salz angereichert als benötigt, sodass wir eigentlich zu viel davon konsumieren.
Auch hier wäre das wieder so ein Aspekt, der auf alle Fertigprodukte zutrifft.

Das nächste, neben der Kritik an der Gesundheitsfrage, wäre der Umweltaspekt.
Die Umwelt ist wichtig, denn wir sind alle davon abhängig. Doch zynisch ist es, wie ich finde, wenn genau dieser Aspekt von der großen fleischessenden Mehrheit kritisiert wird. Nämlich, dass die Produktionsverfahren zur Herstellung von vegan/vegetarischen Ersatzprodukten die Umwelt belasten. Denn auch hier gilt dasselbe wie bei den anderen bereits benannten Aspekten: Das Umwelt-Argument betrifft alle Fertigprodukte. Also auch die produziert für Mischköstler.

Ein weiteres Beispiel wäre u.a. auch Palmöl.
Ich kaufe keine veganen Produkte, die Palmöl beinhalten. Eben weil ich das weder für umwelt- noch für tierfreundlich halte. Doch, weil ich eher selten erlebe, dass Mischköstler Zutstenlisten studieren (es sei denn man ist Allergiker oder hat vielleichr einen Veg in der Familie oder achtet auf gesunde Ernährung ) denke ich, dass sich erfahrungsgemäß die große Mehrheit darüber beim täglichen Einkauf weniger Gedanken machen wird. Schließlich ist Palmöl bzw. Palmfett in nahezu jedem zweiten Produkt zu finden. Da würde sich ein allgemeiner Blick auf die Zutatenliste schon mal lohnen. (Es sei denn das Palmöl-Argument gilt nur in Bezug auf vegan/vegetarische Ersatzprodukte und einem ist das Thema sonst egal.)

Ein gern gewähltes und nie alt zu werden scheinendes Argument ist dann noch Soja. Vor allem das aus Monokulturen.

Nicht falsch verstehen, doch auch wenn die Nachfrage nach veganen Ersatzprodukten in den letztn paar Jahren deutlich gestiegen ist, so ist der Anteil an Veggieprodukten im Vergleich zur Fleisch- und Milchproduktetheke doch eher gering. Zumindest sehe ich bei mir im REWE, bei Aldi und auch bei Lidl, Penny und wie sie alle heißen eher vergleichsweise kleine Sortimentanteile an Veggieprodukten.
Wenn man sich wirklich Gedanken um Sojamonokulturen macht, würde es hier mehr Sinn machen den Tierproduktekonsum zu hinterfragen. Denn es ist nach wie vor so, dass der Hauptanteil des Monokulturen-Regenwald-Gensojas an hiesige „Nutztiere“ verfüttert wird. Und das ist nachweislich alles nur nicht umweltfreundlich. Von tierfreundlich gar nicht erst zu sprechen.(Vorausgesetzt natürlich einem ist dieser Aspekt wirklich wichtig und dient nicht nur als Argument, wenn es um eine vegetarisch/vegane Ernährungsweise geht.)

Zu guter letzt schließt der Artikel dann mit einem Geschmackstest ab. Ob die vegetarischen Alternativen denn geschmacklich auch an das Original heran kommen…

Das ist natürlich wissenswert. Auch wichtig, nicht wahr?

Ich sage es mal so: Vegan/vegetarische Ersatzprodukte versuchen die Konsistenz des Originals so gut es geht zu immitieren. Nichts desto trotz ist es nicht Eins zu Eins dasselbe. Das bedeutet jedoch nicht, dass es nicht guten Fleischersatz gäbe und dass Ersatzprodukte nicht auch gut schmecken können.
Vegetarische und auch vegane Ersatzprodukte sollen eine tierleidfreie Alternative sein. Und ich finde es auch wichtig und gut, dass es diese Produkte gibt. Denn so hat man die Möglichkeit beispielsweise ein Schnitzel zu essen, ohne dass dafür ein Tier sterben muss.

Desweiteren, wenn man sich bei Veggie-Ersatzprodukten Sorgen um seine Gesundheit macht, wäre es hierbei meiner Ansicht nach sinnvoller sich Gedanken darüber zu machen, dass die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erst vor einiger Zeit bekannt gab, dass verarbeitetes Fleisch krebserregend ist und das Risiko an Magen- sowie Darmkrebs zu erkanken erhöht.

Warum dürfen Fastfoodketten wie McDonalds oder Supermärkte dann nachwievor verarbeitete Fleischprodukte ohne gesundheitlichen Warnhinweis verkaufen? Wo ist und bleibt da die Sorge um die Gesundheit?
Oder ist der gesundheitliche Aspekt hier plötzlich egal? Denn heutzutage wird ja alles ins Negative gehyped, nicht wahr? Und wenn es danach ginge, dann dürfe man ja überhaupt nichts mehr, richtig?
Doch wenn dieser Aspekt, und die WHO ist nur die weltgrößte Organisation in Gesundheutsfragen, keine Rolle spielt, warum sollte das dann bei Veggie-Ersatzprodukten der Fall sein?

Und wenn wir schon vom gesundheitlichen Aspekt sprechen: Warum wird nicht erwähnt, dass beispielsweise Harnsäure (ein Abbauprodukt von Fleisch) Hauptursache für Arteriosklerose (Arterienverkalkung) ist? Denn, isst man zu viel Fleisch, kann das zu Hyperurikämie führen (einer Erhöhung des Harnsäurespiegels im Blut). Hat man dann Schäden an der Gefäßwand der Arterien lagern sich da sogenannte Plaques (Ablagerungen) an, die im wahrsten Sinne des Wortes zur Verkalkung der Arterien führen. So verlieren die Arterien an Elastizität und ihr Durchmesser (Lumen) wird immer kleiner, sodass das Blut immer schlechter durch den Körper gepumpt werden kann. Und das hat u.a. Erkrankungen wie KHK (Koronare Herzkrankheit), Herzinfarkt, Schlaganfälle, aber auch beispielsweise PaVK (Periphere Arterielle Verschlusskrankheit) zur Folge.

Warum wird nicht mehr darüber gesprochen? Das wären immerhin Aspekte, denen bereits medizinische Nachweise zu Grunde liegen und die wirklich als bedenklich zu werten wären. (Vor allem aber auch, weil die gesundheitlichen Vorteile einer pflanzenbasierenden Ernährung längst nachgewiesen sind und auch allgemein empfohlen wird, sich vorwiegend pflanzlich zu ernähren. Die DGE, WHO und A.N.D. wären hierbei nur ein paar Beispiele.)

Für mich haben solche Artikel immer irgendwie den Anschein als mache manch einem das Thema Fleisch- bzw. Tierprodukteverzicht solche Angst, dass man auf Biegen und Brechen nach negativen Aspekten sucht. Was schade ist, denn man könnte sein Gedankengut dafür nutzen sich über wirklich wichtige Aspekte Gedanken zu machen. Natürlich nur vorausgesetzt Palmöl, Soja-Monokulturen, Zusatzstoffe und der gesundheitliche Aspekt in Bezug auf den Konsum von Fleisch sind einem in irgendeiner Weise wichtig und dienen nicht nur als Argumente gegen vegetarisch/vegane Ernährung.
plant based
Aus meiner Erfahrung kann ich jedenfalls sagen, dass sich die meisten Veganer sowie Vegetarier eigentlich vorwiegend pflanzenbasierend ernähren. So sagen viele auch, dass sie sich, seit ihrem Verzicht auf Fleisch und Tierprodukte, gesünder ernähren als früher zu Allesesserzeiten.

Ich ernähre mich heute auch wesentlich gesünder als früher. Ich liebe Brokkoli, frischen Blattspinat, von Avocados kann ich nie genug kriegen und auch rohe Schwarzwurzel finde ich sehr lecker. Und dennoch esse ich auch mal ein veganes Ersatzprodukt. Und?

 

Fotos: Pixabay.com

13 Kommentare zu „Vom medialen Negativ-Hype um vegetarisch/vegane Ersatzprodukte

  1. Alles nur Nebenkriegsschauplätze um von der eigenen Fehlernährung abzulenken. Traurig aber war. Einerseits.

    Andererseits aber hervorragend! Denn:

    Zuerst ignorieren sie dich, dann lachen sie über dich, dann bekämpfen sie dich und dann gewinnst du.
    (Mahatma Gandhi)

    … heißt ja nichts anderes, als dass wir schon am Punkt „bekämpfen“ sind. Ich hoffe der Verstand reicht aus und die Vernunft wird gewinnen und es wird eines Tages kein, durch Menschen verursachtes, Tierleid mehr geben (Y).

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    1. Bekämpfen ist ein gutes Stichwort. Denn im Grunde sind solche Berichterstattungen nichts anderes als das. Es wird nach Gründen gesucht warum eine vegane Ernährungsweise ja schlecht sein (muss). So oft wie das Thema in den Medien behandelt wird, sind wir beim Punkt belächeln und irgnorieren schon längst weiter.

      Ich denke aber, desto mehr das Thema präsent ist und desto mehr über die Zustände in der Massentierhaltung berichtet wird, desto mehr werden die Menschen auch nachdenken.
      Von daher denke ich, dass die Vernunft irgendwann über die Profitgier siegen wird.

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  2. Das Wort „Ersatzprodukt“ suggeriert fälschlicherweise, dass man für Fleisch und Milchprodukte einen Ersatz braucht, was natürlich nicht der Fall ist. Bei Fertigprodukten handelt es sich meist um einen Eiweißträger (egal ob Fleisch, Weizen oder Soja), der so gewürzt ist, dass er schmeckt – und gewürzt ist er meist mit Salz und Kräutern, also mit Pflanzen. Auch Fleisch schmeckt den meisten nicht, wenn es nicht gewürzt ist. Und wer gerne deftig gewürzte Fertigprodukte ohne Nährwert essen mag, kann das eben inzwischen auch als Veganer (mal) tun. Und wie sehr schön im Artikel beschrieben, ist die Anzahl der veganen Fertigprodukte im Verhältnis zu Produkten mit tierischem Eiweiß in jedem Supermarkt nach wie vor verschwindend gering. Und auch die Mischköstler, die ich kenne, essen im Verhältnis weitaus mehr Fertigprodukte als die Veganer, die meist (aber nicht immer) viel mehr auf Frische und Regionalität legen. Die Presse hingegen (und Sarah Wiener 😉 ) suggerieren, dass Mischköstler überwiegend unverarbeitete, frische Lebensmittel zu sich nehmen, während Veganer sich angeblich fast nur von Seitanwürstchen, Sojajoghurt und gelatinefreien Gummibärchen ernähren… ja, das ist schon amüsant. Und ganz genau: die Zusatzstoffe, die ständig an veganen Fertigprodukten kritisiert werden, sind natürlich genauso in den Fleischprodukten enthalten. Das ist also kein veganes Problem 😉

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  3. find ich super auf den punkt gebracht! ich hab nämlich auch sehr oft das gefühl, dass man als sich vegan ernährender mensch ständig rechtfertigen muss bzw. dinge unterstellt bekommt, wie ungesund, umweltunfreundlich usw. vegane ernährung ist. man wird genauestens unter die lupe genommen und das ernährugsverhalten auf den prüfstand gestellt… aber keiner stellt in frage, was genau sich omnivo ernährende menschen in die figur stecken, ob das gesund, ökologisch und abwechslungsreich ist!
    wenige wissen, dass 98% der sojaproduktion der fütterung der sogenannten nutztiere dient, also im endeffekt im fleisch steckt. aber wenn man dann als veganer gelegentlich mal tofu isst, wird man gleich angeprangert, zum großteil für die regenwaldabholzung verantwortlich zu sein 😦
    ich denke, hier ist noch viel informations und aufklärungsarbeit und nötig!

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    1. Ich denke dieses genauestens unter die Lupe genommen werden ist mitunter damit begründet, weil eine vegane Ernährungsweise so gut wie alles als normal geltende in Frage stellt. Da sucht man dann halt nach Angriffspunkten.
      Im Grunde ist das alles nichts weiter als Ablenkung. Doch dass immer wieder darüber geschrieben wird ist durchaus begrüßenswert. Denn so kann man die Gelegenheit nutzen zum Aufklären anzusetzen, wie ich finde.
      Davon abgesehen, jeder mit gesundem Menschenverstand wird die meist schlechten Recherchen zu dem Thema auch hinterfragen. Und da stellen sich solch mediale Berichterstattungen langfristig gesehen nur selbst ein Bein.

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  4. Super Beitrag! Die ganze Kritik ist ein einziges Ablenkungsmanöver. Sicher gibt es ein breites Spektrum von veganer Ernährung, aber selbst die schlechteste vegane Ernährung wird nie an die Schädlichkeit und Grausamkeit der Fleischindustrie heranreichen. Vielen Dank für Deinen tollen und fundierten Beitrag, liebe Grüße, Silke

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    1. Hi Silke,

      freut mich wirklich sehr, dass dir mein Beitrag gefällt ;).
      Ich sehe das genauso wie du. Die ganzen Aspekte, die im Zusammenhang mit Veggie-Produkten genannt werden, lenken im Grunde eigentlich nur ab. Ich finde Soja ist da ein gutes Beispiel.

      Lg

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