Nicht nur Tierprodukte werfen einen Schatten… Avocados ebenso.


„Sorry Veganer, aber…“ war vor Kurzem wieder einmal eine dieser Schlagzeilen.
Berichtet wurde über Avocados und dass hierfür ganze Bienenvölker von Plantage zu Plantage importiert werden. Einzig zur Bestäubung. Ein Umstand, der ja auch nicht gerade ganz der veganen Tierethik entspricht. Folglich sind Avocados nicht vegan. Weil eben nicht tierleidfrei.

Gerade wenn es um Diskussionen bezüglich Tierethik und dem was wir essen geht, bleibt der Vergleich zur Pflanzenwelt nicht wirklich aus. So wird an manchen Stellen gefragt ob Pflanzen nicht auch Schmerzen empfinden könnten? Oder: Ob ein Gänseblümchen zu pflücken mit dem Schlachten eines Tieres gleichzusetzen sei?
So habe ich bei manchem gerne einmal die Augen verdreht und mir zeitgleich die Frage gestellt, ob mein Gegenüber diesen Vergleich wirklich ernst meint.
Doch hier geht es um eine ganz andere Frage. Und zwar inwieweit sind die Bedingungen für unsere Lebensmittel heutzutage verbesserungswürdig? Genauso wie, auf was sollte man eigentlich alles verzichten?

Denn, wenn ich mich über Mandeln informiere, so hat dies einen Haken. Informiere ich mich über Tomaten ebenso. Und recherchiere ich zu Avocados, ja, dann sind auch dort tierethisch und ökologisch fragwürdige Aspekte zu finden.

Damals bei Palmöl war es genauso. Erschreckend was da alles dahinter steckt. Die Abrodung von Regenwald. Das Artensterben der Orang Utans. Auf keinen Fall wollte ich das länger unterstützen. Doch wenn jetzt auch noch Avocados sowie viele andere pflanzliche Produkte ebenso einen Schatten nach sich ziehen, wo ziehe ich dabei für mich persönlich die Grenze?

 

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Eigentlich ist sie doch ganz gesund…

Eigentlich. Ja, eigentlich ist die Avocado ein gesundes Nahrungsmittel. Denn sie beinhaltet viele wichtige Nährstoffe, wie z.B. B-Vitamine, Vitamin K, Kalium, Vitamin E und Vitamin C. Zudem beinhaltet sie viele Ballststoffe sowie Folsäure.

Desweiteren ist sie eine gute Kalium-Quelle. Denn so gut wie jede Zelle unseres Körpers ist auf eine ausreichende Kaliumzufuhr angewiesen, um vernünftig funktionieren zu können.
Besonders im Hinblick auf u.a. Bluthochdruck hat sich gezeigt, dass Kalium dazu beitragen kann den Blutdruck zu senken.

Zwar ist die Avocado auch sehr kalorien- und fettreich. Doch ihr Fett dient auch wieder zu einer verbesserten Aufnahme anderer Nährstoffe. Denn vor allem  fettlösliche Vitamine wie Vitamin A, E und K kommen nicht ohne Fett aus. So werden fettlösliche Vitamine durch das in der Avocado enthaltene Fett besser aufgenommen.

Durch ihren hohen Ballaststoffanteil wiederum fördert die Avocado zusätzlich die menschliche Verdauung und trägt damit entscheidend zur menschlichen Darmgesundheit bei.

Insofern hat die Avocado, gesundheitlich betrachtet, einige Vorteile. Zudem schmeckt sie einfach gut und lässt sich in vielen Rezepten wunderbar verarbeiten.
Doch, was so gut klingt, hat leider auch seine Schattenseiten…

 

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Ein kleiner Exkurs zum Schatten der Avocado

1.) Nachfrage rasant gestiegen

Seit 2008 ist die Nachfrage nach Avocados in Deutschland um das Vierfache angestiegen. Inzwischen importieren wir ca. 71.000 Tonnen jährlich.
Doch damit ist es nicht getan. Der Import soll noch weiter steigen.

2.) Wasserknappheit

Hauptsächlich wird die Frucht in Mittel- und Südamerika, in Ländern wie CHile und Mexico angebaut.
Einge gesteigerte Nachfrage bringt zwar mehr Umsatz für die Früchte ein, bedeutet aber auch, dass immer mehr Plantagen angepflanzt werden. Um diese zu versorgen, reicht jedoch das Wasser längst nicht mehr aus.
So wird für die Produktion eines Kilos Avocados circa 1000 Liter Wasser benötigt. Umgerechnet sind das etwa drei Früchte.

3.) Rodung von Wäldern

Nicht nur Wasser ist so eine Sache für sich. Auch die Rodung von Wäldern um Platz für Plantagen zu schaffen. So führt die gesteigerte Nachfrage mitunter zu illegalen Abholzungen von 1.500 bis 4.000 Hektar Wald jährlich, so Greenpeace.

4.) Weite Transportwege

Da die Avocado in Ländern wie Chile, Mexico sowie Brasilien angebaut wird, muss sie entsprechend lange Transportwege per Schiff und LKW zurück legen.

5.) Kleine Bauern müssen weichen

Ähnlich wie in der Sojaindustrie auch, müssen für die großen Avocado-Plantagen kleine Bauern der großen Industrie weichen. Dies schafft zwar wieder neue Arbeitsplätze, verdrängt damit aber den klassischen Bauern immer mehr.

6.) Bienenimport zur Bestäubung

Aufgrund von sogenanntem Migratory Beekeeping, oder zu deutsch Wanderimkerei werden Bienenvölker für den Avocado-Anbau bewusst zur Bestäubung der Plantagen eingesetzt und anschließend wieder in Kisten verstaut und dann zur nächsten Plantage gebracht. (Auf dieselbe Art werden auch u.a. Gurken, Mandeln und Kirschen bestäubt.

 

 

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Größeres vs. kleineres Übel?

Wir tragen eine Verantwortung. Gerade deshalb, da wir Menschen sind, und aufgrund unseres Verstandes Dinge sowie Geschehnisse und dessen Konsequenzen moralisch bewerten können.

Das ist unsere Überlegenheit. Denn gerade so betrachten wir uns ja manchmal. Oder zumindest ein paar von uns. Als anderen Spezies überlegen.

Gerade als Veganer, oder auch Vegetarier, versuchen wir an die Vernunft unserer Gegenüber zu appellieren. Versuchen zu informieren. Über die Missstände hinter den Kulissen der Tierprodukteindustrie aufmerksam zu machen. Denn das was dort geschieht und uns durch Werbung und Co. verschwiegen wird, ist einfach nur grausam.
Nicht selten heißt es dann beim Hinweis auf eben solche Aspekte wie der der Avocado, dass das Handeln eines Veggies heuchlerisch sei. Denn man appelliere an die Vernunft der anderen, an ihr Herz für Tiere, und selbst konsumiert man dann Avocados, die doch auch nicht tierleidfrei sind.

Sich für eine Sache einzusetzen ist nicht falsch. Und wird auch nicht gemindert oder gar widerlegt, nur weil es in anderen Aspekten auch nicht ganz fehlerfrei zugeht.
Wenn es also heißt: „Sorry Veganer, aber…“, so betrifft das nicht nur Veganer. Sondern einen jeden, der Avocados konsumiert. Einen jeden, der Mandeln oder Kirschen kauft.

Wir können nun verzichten. Oder wir können auch das größere Übel über das kleinere stellen. Denn zuerst sollten wir uns den großen Problemen widmen, bevor wir an kleineren Schrauben drehen, so die Argumentation.
Insofern kann man es auf verschiedene Arten und Weisen betrachten.

Ich mag Avocados zwar sehr gerne. Denn sie schmecken einfach gut und sind, wie gesagt, ja auch gesund. Dennoch denke ich ist es ein Kompromiss den Konsum zumindest einzuschränken und die Frucht als das zu betrachten was sie letzten Endes ist – ein Luxusgut.

 

Fotos: Pixabay.com

9 Kommentare zu „Nicht nur Tierprodukte werfen einen Schatten… Avocados ebenso.

  1. Hallo Cordula,
    das hier ist ein toller Artikel! Es gibt tatsächlich bei fast allem zwei Seiten, und ich empfinde es als gar nicht so einfach, ökologisch und nachhaltig zu leben und möglichst Wenigen zu schaden mit meinem Tun. Oft läuft es ja auf einen Kompromiss raus: mal fair, mal bio, häufig regional und eben nicht in Übermaßen Dinge und Lebensmittel, die von weit her kommen. Schön, dass Du beide Seiten beleuchtest.
    Hab einen wundervollen Sonntag
    Nicole

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    1. Hallo Nicole,

      vielen lieben Dank ;). Freut mich wenn dir der Artikel gefällt.
      Das ist in der Tat oft so, dass ein jede Sache zwei Seiten hat. Und wir daher immer wieder Kompromisse werden eingehen müssen. Denn letzten Endes können wir nur unser Bestes geben, um in dieser Welt, sei es auch nur ein kleines Bisschen, zu verbessern. Doch auch diese kleinen Schritte, wenn vielleicht basierend auf Kompromissen, können wiederum so einiges verändern ;).
      Wünsche dir einen schönen Start in die neue Woche
      Lg

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  2. Hallöchen,
    das ist wirklich ein ganz spannendes Thema. Ich finde es wichtig, dass wir versuchen dafür zu sorgen, dass wir nichts unnötig kaputt machen. Das machen wir ja meistens so! Wir achten erst viel zu spät darauf und dann ist der Schlamassel schon da! Ich bin mal gespannt, ob der Hype nun abflacht. Ich habe glaube ich erst eine Avocado in meinem Leben gegessen 😀

    Liebst Linni
    http://www.linnisleben.de

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    1. Hi Linni,

      du hast echt in deinem Leben erst eine Avocado gegessen? Respekt ;).
      Dann bist du da, was die ethische Komponente angeht, auf jeden Fall ein Vorbild ;D.

      Ich stimme dir da absolut zu. Das ist in so vielen Bereichen so. Wir wissen eigentlich jetzt schon um die Konsequenzen mancher Themen Bescheid, doch statt etwas in Richtung Verbesserung zu verändern, lassen wir es so weiter laufen. Meistens bis es dann 5 vor 12 ist. Dann lenken wir irgendwann mal ein.
      Eigentlich schade. Doch die Hoffnung stirbt zuletzt ;).

      Lg

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  3. Ich bin keine Veganerin, aber seit ich eine Reportage zum Avocadoanbau in Mexiko gesehen habe, kaufe ich keine Avocados mehr. Diese Plantagen sind eine ökologische Katastrophe! Ganz ähnlich ist es übrigens beim Gemüseanbau in Spanien in der Region Almeria. Die ganze Landschaft besteht aus Plastikplanen, es ist kaum noch Grundwasser vorhanden aufgrund des immensen Verbrauchs und zu allem Übel werden auch noch nordafrikanische Arbeiter aufs Übelste ausgebeutet.

    Ich versuche inzwischen, nur noch regional einzukaufen. Das geht im Winter nicht zu 100%, aber ich bemühe mich.

    Als „Veganerbashing“ sehe ich das Problem mit den Avocados nicht. Tatsache ist, dass auf vielen veganen Blogs Avocados en masse verarbeitet werden. Auch in Facebookgruppen ist mir das schon negativ aufgefallen (als Flexitarier interessiert mich das). Vegan leben beinhaltet aber auch Nachhaltigkeit, nicht nur den Verzicht auf Tierprodukte. Aber ich denke, dir muss ich das nicht erzählen. 🙂

    Ganz liebe Grüße!
    Andrea

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    1. Hallo Andrea,

      ja, da hast du absolut recht. Wenn man sich über den Gemüseanbau z.B. in Spanien informiert, so hat auch das gravierende ökologische Folgen. Genauso wie unethische Arbeitsbedingungen. Wie in so vielen Industrien, sei es in der Bekleidungs- oder aber auch in der Tierprodukteindustrie.
      Daher denke ich ist es ein allgemeines Problem, das uns alle betrifft.
      Vegan per se bezieht sich vorrangig auf die Reduzierung von Leid so weit möglich. Zumindest so die Definition der Vegan Society.
      Insofern ist der Aspekt der Nachhaltigkeit meist eine Folgeentwicklung aus dem Veganismus. Je nachdem welche Werte der Einzelne verfolgt.
      So gibt es auch Veganer, die nicht besonders auf Nachhaltigkeit achten, sondern ihren Fokus primär auf die Tierethik legen.
      Somit hängt der Zusammenhang Nachhaltigkeit und Veganismus primär von der Auslegung der Lebensweise eines jeden Individuums ab.

      Avocados werden auf vielen veganen Blogs präsentiert, das stimmt. Aber auch viele andere Lebensmittel. So auch Chia Samen, oder Tomaten, Tofu usw.
      Ich denke, dass man den Konsum nicht allein auf Veganer abwälzen kann. Schließlich essen auch Mischköstler oder Vegetarier, Flexitarier usw. Avocados. Und Veganer machen hierbei gesellschaftlich betrachtet auch gerade einmal ein, zwei Prozent der Bevölkerung aus. Ich denke daher nicht, dass man Veganern allein die zentrale Verantwortung für den gesteigerten Marktwert der Avocado geben kann.

      Lg

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  4. Ist doch gerade in sämtlichen Medien der Trend, Veganer zu bashen! Als wenn alle Avocados nur von Veganern gegessen werden, so ein Quatsch. Die bessere Alternative für alle die gesundes Fett wollen ist Leinsamen, kostet nur einen Bruchteil einer Avocado.

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    1. Das stimmt. Es ist eine Art von Clickbating. Mit Überschriften wie „Liebe Veganer, aber…“ hat man halt schnell das Interesse der Allgemeinbevölkerung geweckt. Dabei, wie du selbst sagst, nicht nur Veganer kaufen Avocados, sondern eben auch viele andere nicht vegan Lebende.

      Lg

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