Den Kühen schadet es doch nicht gemolken zu werden.
Genauso wie bei Eiern fällt es einigen manchmal schwer nachzuvollziehen warum Veganer keine Milch trinken oder keinen Käse essen. Besonders Käse ist bei vielen so eine Sache. Eines der Dinge die ich am häufigsten höre, auch von Vegetariern, ist die Aussage, dass der andere niemals auf Käse verzichten könnte. (Dabei ist das eigentlich gar nicht so schwer. Ist alles nur eine Sache der Gewohnheit. Zumindest aus meiner Sicht.)
Nichts desto trotz, ähnlich wie bei Eiern wissen viele oft nicht was eigentlich hinter der Milchproduktion steckt und denken das schade den Tieren ja nicht. Ich wusste anfangs ehrlich gesagt auch nicht was wirklich hinter Milch und Milchprodukten steckt. Erst als ich mich näher mit dem Thema auseinander gesetzt habe, habe ich mir ein genaueres Bild machen können. Die Werbung im Fernsehen, Radio, Kino oder sonst wo klärt einen da ja nicht wirklich auf. Nicht einmal das Bild auf der Verpackung irgendwelcher Milchkartons oder Joghurtbecher ist echt.
Es soll natürlich alles ansprechend aussehen, damit sich die Produkte gut verkaufen lassen. Schließlich ist das ja auch das Ziel dieser Industrie – ihre Produkte an den Verbraucher zu bringen. Von daher wird man nicht unbedingt mit der Wahrheit konfrontiert, geschweige denn aufgeklärt.
Also, wie wird Milch jetzt eigentlich hergestellt?
Damit eine Kuh Milch gibt, muss sie schwanger sein oder gerade ein Kalb zur Welt gebracht haben. Insofern ist das nicht anders als wie beim Menschen und anderen Säugetieren auch. Ist eine Kuh nicht schwanger, gibt sie auch keine Milch. Davon abgesehen, die Milch ist, so hat sich die Natur das eigentlich mal gedacht, für den Nachwuchs bestimmt.
Nun würde eine normale Kuh wie sie vor ca. 70 bis 100 Jahren noch gelebt hat, im Durchschnitt zwischen 8-12 Litern Milch am Tag geben. Eben so viel wie das Kalb benötigt. Und das Kalb würde die Milch trinken.
In der Milchindustrie sieht das aber etwas anders aus. Besonders dann, wenn Milch und Milchprodukte täglich und in einem umfangreichen Sortiment ständig zur Verfügung stehen sollen.
Um diese Mengen zur Verfügung zu stellen, spricht man in der Milchindustrie heute von sogenannten Turbokühen. Durch spezielle Züchtung geschaffen, geben die modernen Milchlieferanten zwischen 40 bis teilweise sogar 60 Liter Milch am Tag. Wie bereits erwähnt, gibt eine Kuh normalerweise nur so viel Milch, wie ihr Nachwuchs trinken kann. Doch heute gelten andere Prinzipien.
Die Milchkühe in modernen Milchbetrieben werden, sobald sie fruchtbar sind, jedes Jahr von Neuem künstlich befruchtet um ein Kalb zur Welt zu bringen. Das geschieht um den Milchfluss am Laufen zu halten.
Eine weibliche Turbokuh wird hierbei lediglich zwischen 4-6 Jahre alt und hat im Durchschnitt 2-3 Geburten, bis sie schließlich beim Schlachter landet. Entweder, weil sie zu krank oder durch die ständigen Schwangerschaften körperlich am Ende ist. Oder einfach nur deswegen weil sie nicht mehr schwanger wird oder nicht mehr genug Milch gibt.
Insofern erreicht keine Milchkuh ihr natürliches Lebensalter, denn eine Kuh würde unter normalen Umständen zwischen 20 bis 25 Jahren alt werden.

Wie bereits erwähnt werden die Kühe jedes Jahr von Neuem künstliche befruchtet, damit sie Milch geben. Hat ein Kalb das Licht der Welt erblickt, wird es seiner Mutter jedoch schon am Tag seiner Geburt weggenommen und in eine separate Box, ein sogenanntes Kälberiglu, gebracht. Es soll keine Bindung zwischen Mutter und Kind entstehen.
Eine deutsche Milchkuh wird dann ca. alle 8 Stunden durch sogenannte Melkroboter – den Melkstand – gemolken. In Massentierhaltung erhalten die Kälber jedoch nahezu keine Muttermilch. Die braucht der Mensch. Stattdessen werden die Kälber schnellstmöglich auf Milchaustauscher (ein Gemisch aus u.a. Molkepulver) angesetzt. Die Kälber von der Milch ihrer Mütter trinken zu lassen, wäre hierbei schlicht zu teuer.
Die männlichen Kälber sind für die Milchindustrie hierbei, weil die Natur sie nicht als Milchlieferant vorgesehen hat, nicht von Nutzen. Deshalb werden sie zuerst in einem Kälberiglu gehalten, bevor sie an Mastbetriebe verkauft werden, die sie dann zur Fleischerzeugung nutzen. So landen die männlichen Kälber dann meist im Alter von unter 12 Monaten, also noch im Kleinkindalter, beim Schlachter um zu Fleisch verarbeitet zu werden. Die weiblichen Kälber wiederum werden später auch zu Milchkühen.

Ein weiterer Punkt bei der Milchproduktion ist u.a. auch das Enthornen. Nicht selten verläuft dieser Prozess auch ohne Betäubung. Ähnlich wie beim Schnabelkürzen bei Legehennen soll durch das Entfernen der Hörner bei Kälbern verhindert werden, dass sich die Tiere gegenseitig verletzen. Dieser Prozess geschieht, wie bereits erwähnt, meist ohne Betäubung, was mit Schmerzen für die Tiere verbunden ist.
Eine weitere Sache ist, dass es durch das ständige Melken der Kühe zu einer Eiterentzündung, der sogenannten Mastitis, kommen kann. Aufgrunddessen kann es mitunter sein, dass Bakterien und Erreger in die Milch gelangen, weshalb von dem Konsum von Direktmilch aus gesundheitlichen Beweggründen abgeraten wird.
Zwar sind die Grenzwerte für erlaubte Keimzahlen in der Milch sehr streng und die Milch wird vor dem Verkauf auch pasteurisiert, dennoch kann nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass nicht trotzdem Erreger enthalten sind.
Eine andere typische Krankheit wäre auch die Labmagenverlagerung, welche durch die Gabe falscher Nahrung verursacht wird. Denn, um so viel Milch wie heute zu geben, benötigt eine Milchkuh auch wesentlich mehr Energie. Und mit Gras allein ist das nicht getan. Daher wird hier auf Protein als Energiequelle zurückgegriffen. Deshalb landet vor allem Kraftfutter aus Getreide und Soja in den Trögen der Tiere.
Alles in allem kann man sagen: Wir schwängern Kühe, damit sie ein Kalb zur Welt bringen, das wir ihnen am Tag ihrer Geburt wegnehmen, damit wir, statt dem Kalb, die Muttermilch der Kuh trinken können.
Insofern dienen Kühe als ständig schwangere Milchmaschinen, die, wenn sie finanziell nicht mehr rentabel sind, beim Schlachter landen. Genauso wie die männlichen Beiprodukte, die keiner haben will, weil die Natur sie zur Milcherzeugung nicht vorgesehen hat.
Desweiteren, egal ob die Billigmilch aus Massentierhaltung oder die etwas teurere Biomilch, die Praktiken zur Erzeugung von Milch sind überall die gleichen. Auch bei Bio werden die Kühe jedes Jahr künstlich befruchtet und landen nach 4-6 Jahren beim Schlachter, genauso wie die männlichen Kälber. Der einzige Unterschied zwischen Bio und Massentierhaltung ist, dass Bio-Milchkühe etwas weniger Kraftfutter bekommen sowie etwas mehr Platz und Auslauf haben. Alles in allem zahlt man nur für bessere Haltungsbedingungen, nicht mehr.
Nichts desto trotz gibt es eine ganze Palette an Alternativen. Gerade wenn es um Milch geht, gibt es von Hafermilch, Mandelmilch, Reismilch bis hin zu Sojamilch die verschiedensten Geschmacksrichtungen. Statt Sahne aus Milcherzeugnissen gibt es u.a. Sahne aus Hafer, Reis oder Soja. Und auch bei Joghurt muss man eigentlich auf nichts verzichten. So gibt es heutzutage Sojajoghurt als Fruchtjoghurt, als Vanille- oder Schokopudding. Ja, man kann aus Natur-Sojajoghurt sogar Quark selbst herstellen.
Es gibt einige Möglichkeiten nicht an Lebensqualität einzubüßen und diese Industrie trotzdem nicht weiter zu unterstützen.
Fotos: Pexels.com
Hallo,
Bin selber Milchviehhalter (60 Stück) und habe ein paar Anmerkungen zu deinem Artikel die du evtl. noch verbessern könntest.
1. Kein Milchviehhalter spricht von „Turbokühen“ sondern von Hoch oder Niederleistenden Tieren, was soll eine Turbokuh sein?
2. Was macht mich zu einem Milchindustriebetrieb?
Ich bin wie jeder andere arbeitende Mensch auch wirtschaftlichen Zwängen ausgesetzt damit es meinen Betrieb auch zukünftig geben wird. Aber bei mir ist jede Kuh ein Individuum das ich bei Krankheit pflege und es so gut es geht versorge.
3. Milchleistung: Ich kann einer Kuh nicht einfach Kraftfutter geben und es kommt unten Milch raus. Ich muss der Kuh die besten Voraussetzungen geben (Luft,Wasser,Futter) damit sie diese Leistung überhaupt abrufen kann. Einer Kuh der es schlecht geht wird niemals solche Leistungen erreichen. Schon vor der Geburt des Kalbes muss man anfangen den Kalb möglichst gute Bedingungen zu bieten. Stichwort metabolische Programmierung.
Die 40-60Liter erreichen auch nur 10% der Spitzenbetriebe. Der bayrische Durchschnitt ist bei 26Liter.
4. Wie das Kalb getränkt wird ist von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich. Wir z.B. tränken das Kalb 15 Wochen lang mit der Muttermilch. Dabei bekommt es pro Mahlzeit 8l, am Tag also 16l gesamt. Und auch bei Milchaustauscher muss man die ersten Tage Muttermilch füttern da das Kalb das ohne funktionierendes Immunsystem auf die Welt kommt und die in der Biestmilch enthaltenen Immunglobuline braucht. (passive Immunisierung) Zudem hat der Milchaustauscher gegenüber der Vollmilch den Vorteil das mehr Vitamine und Spurenelemente enthalten sind. (Eisen, Selen)
4. Die Mehrheit der Betriebe enthornt die Kälber mit Betäubung.
Ja konventionelle Betriebe dürfen noch ohne Betäubung enthornen, Bio Betriebe müssen verpflichtend betäuben beide Betriebsarten müssen Schmerzmittel geben. Das Kalb auf deinem Bild ist zu alt in Deutschland dürfen Kälber nur bis zur sechsten Lebenswoche enthornt werden da es je früher es gemacht wird, umso weniger Schmerzen verursacht es. Keiner enthornt mit einer Zange wie auf deinem Bild, keine Ahnung was die da machen, enthornen auf alle Fälle nicht. Hast du schon mal eine durch ein Horn verursachte Wunde gesehen? ekelhaft Zudem setzen immer mehr Betriebe auf hornlose Zucht.
5. Unsere Kühe gehen in der Regel 3 mal zum Melken in den Melkroboter manche öfters manche weniger oft das melken dauert im Schnitt 8 min mit Reinigen und allem. Das ist eine halbe Stunde am Tag. Das sind nicht nur laufende Milchmaschinen.
6. Mastitis ist eine Faktorenkrankheit sie tritt auf wenn mehrere Faktoren eintreten: das kann falsches Futter schlechte Luft unsauberes Wasser eine Infektionskrankheit sein oder Fehler beim melken. Der Melkvorgang selbst bedingt keine Mastitis.
7. Ich trenne Kuh und Kalb unmittelbar nach der Geburt da zu dieser Zeit der Trennungsschmerz am geringsten ist. Eine kombinierte Haltung von Kuh und Kalb ist bei uns baulich nicht möglich. Einmal haben wir es ausprobiert und es ging ziemlich schief.
8. Nur weil das Alter der Kühe auf dem Betrieb zugegebenermaßen wirklich nicht hoch ist heißt das nicht das sie kaputt gemolken werden. Die meisten Abgänge auf unseren Betrieb haben wir weil eine junge Kuh teilweiße einfach rentabler ist als die alte Kuh. Außerdem haben wir es geschafft die Remontierungsrate auf unserem Betrieb von 25% auf 13,1% zu senken was automatisch zu älteren Kühen führen wird.
Es gibt in der Landwirtschaft noch viele Baustellen die wir verbessern müssen unter anderem das unsere Kühe älter werden, und viele deiner anderen angesprochenen Kritikpunkte die ja auch teilweiße berechtigt sind, aber es ist halt einfach nicht so leicht das auf die Schnelle zu regeln weil das auch teilweiße komplexer ist als sich das der Verbraucher vorstellt. Außerdem arbeiten wir daran vieles zu verbessern so ist zum Beispiel das durchschnittliche Alter der Kühe auf unserem Betrieb gestiegen und das obwohl die Milchleistung höher ist. Ein kleiner Schritt aber trotzdem.
Ich versuche wirklich den Kühen Zuhause möglichst gut zu versorgen und habe es satt pauschal als Teil der Milchindustrie abgestempelt zu werden. Gegen Veganer habe ich nichts jeder Mensch kann selber für sich entscheiden aber man sollte auch wenn man einen Veganen Blog hat nicht alles immer Ultra schlecht machen.
freundliche Grüße
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Vegane Ernährung ist erst durch den Wohlstand in dem wir leben entstanden.
Veganer vor 200 Jahren wären in unseren Breitengraden nicht durch den Winter gekommen.
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Hallo Manfred,
ja, das ist korrekt. Die heutige Verfügbarkeit veganer Produkte macht es einfacher diese Lebensweise im Alltag umzusetzen. Vor 200 Jahren waren diese Möglichkeiten nicht gegeben.
Andererseits sprechen Veganer ja auch von heutigen Geschehnissen z.B. in der Massentierhaltung, welche sie dazu bewegen vegan zu leben. Und nicht von Geschehnissen von vor 200 Jahren. Damals haben wir Menschen auch nicht so viel Fleisch gegessen wie heute. Auch das wäre damals so nicht möglich gewesen. Und das ist ja auch noch nicht so lange her. Man denke an den berühmten Sonntagsbraten.
LG
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Vielen Dank für deinen Beitrag. Ich habe ihn für meine Liste für und gegen Milchprodukte verwendet und dich zitiert (und natürlich auch die Quelle genannt). Ich hoffe, das ist in Ordnung! 🙂
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Hi,
das ist natürlich okay ;).
Freut mich, wenn mein Beitrag hilfreich war ;).
Lg Cordula
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Super Beitrag ! 🙂 gefällt mir gut !
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Danke, das freut mich zu hören 😉
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